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"Meine Trainingsphilosophie" für lange Ultraläufe


Anm.: Der Artikel ist ursprünglich 2017 auf meiner Läufer-Homepage erschienen und bezieht sich daher in großen Teilen auf eigene Erfahrungen aus der Laufpraxis.


Logischerweise gibt es natürlich auch – oder gerade – im Ultramarathon zig verschiedene Ansätze, die letztendlich zum Erfolg führen. Von daher ist dieser Artikel nicht als Pauschalrezept nach dem Motto „man nehme...“ und „nur so funktioniert's“ zu verstehen. Viele Wege führen bekanntlich nach Rom und die Voraussetzungen und Background sind bei jedem Athleten unterschiedlich und im jeweiligen Training logischerweise zu berücksichtigen. Nichtsdestotrotz gibt es schon einige gemeinsame Eckpunkte, an denen man sich im Sinne von Wegweisern für eine sinnvolle Trainingsplanung im Ultramarathon orientieren sollte.

Die Spezifität des Ultralaufs beginnt für mich eigentlich erst so richtig oberhalb von 100 Kilometern (bzw. im Traillauf je nach Streckenprofil deutlich früher), da man bis dahin hinsichtlich der Trainingskomponenten schon noch sehr nah am Marathon dran ist. Dementsprechend beziehen sich die Gedanken in allererster Linie auf die langen Ultradistanzen, wobei man sicher auch für die kurzen Ultras den ein oder anderen Impuls rausziehen kann. Der nachfolgende Artikel beruht nicht auf das Abtippen von Lehrbüchern, sondern in großen Teilen auch auf meinen eigenen praktischen Erfahrungswerten. Nichtsdestotrotz versuche ich all die jeweiligen Empfehlungen auch zu begründen. Sollte dies an der ein oder anderen Stelle nicht ausreichend gelungen sein, stehe ich selbstverständlich für Nachfragen gerne zur Verfügung.


1. Langfristigkeit

Bevor ich überhaupt auf die Inhalte des Trainings eingehe, muss ich zuerst die Bedeutung der Langfristigkeit hervorheben. Einer meiner eigenen Erfolgsfaktoren war mit Sicherheit die Tatsache, dass ich schon sehr früh wusste, „wo ich hinwill“. Ich habe schon sehr früh, nämlich im Alter von 22 Jahren, für mich selbst gewusst, dass ich meinen Fokus ganz klar auf den 24h-Lauf setzten möchte. Ich hatte den Traum internationale Titel zu gewinnen und habe mein Training darauf ausgerichtet. Naja... Training darauf ausgerichtet trifft es vielleicht nicht so ganz, auch wenn es tatsächlich ein langfristiges Konzept gab. Vielmehr habe ich durch diesen Fokus auf den 24h-Lauf und das jahrelange kritische Analysieren des eigenen Trainings einfach den für mich am besten funktionierenden Weg gefunden.


Langfristigkeit bedeutet für mich aber auch, sich nicht für den schnellen Erfolg zu verheizen. Wenn man es richtig angeht, wird man seinen Leistungszenit ganz sicher nicht gleich im ersten oder zweiten Ultramarathonjahr erreichen. Klar, bei Späteinsteigern oder Läufern, die schon sehr lange im Marathon unterwegs sind, sieht es logischerweise ein bisschen anders aus, da man vielleicht schon etwas älter ist, bzw. man womöglich schon kurz vor dem Leistungszenit auf die Ultradistanzen wechselt. Um wieder mein eigenes Beispiel heranzuziehen – ich hatte für mich persönlich schon vor Jahren den Leistungszenit für die Jahre 2015 und 2016 kalkuliert. Diese Kalkulation hat für die Trainingsgestaltung über einen sehr langen Zeitraum maßgeblichen Einfluss und damit wären wir nun auch bei den inhaltlichen Aspekten.


Auch wenn pauschale Aussagen wie „Ultralauf ist ungesund“ sicher nicht zielführend und eigentlich auch nicht richtig sind, muss man natürlich schon zugeben, dass wir eine Sportart betreiben, die nicht so ganz ohne ist – zumindest dann, wenn man leistungsmäßig alles ausreizen will. Ich habe in meiner Zeit als Ultraläufer schon viele Läufer gesehen, die innerhalb von kurzer Zeit die Umfänge brutal hochgeschraubt haben und damit sicher auch kurzfristig erfolgreich waren. Genauso schnell wie sie kamen, waren sie aber auch wieder weg. Wenn man bedenkt, dass es wie oben angedeutet, wohl ein Jahrzehnt dauert, bis man den Zenit erreicht, wurden in diesen Fällen ganz sicher die erfolgreichsten Jahre „verschenkt“. Eine Möglichkeit, um die Langfristigkeit nicht aus den Augen zu verlieren ist es, sich einen Plan hinsichtlich der Jahreskilometer in den folgenden Jahren zu schreiben. So habe ich es selbst im Jahr 2011 gemacht. Meinen Leistungszenit habe ich, wie bereits erwähnt, für die Jahre 2015 und 2016 erwartet. Dementsprechend habe ich für diese Jahre auch die volle Dröhnung mit jeweils 8000 Jahreskilometern geplant (ganz so viele wurden es letztendlich allerdings nicht). Mein Plan sah vor, bis dahin die Umfänge schrittweise zu steigern. Konkret hieß dies, für 2014 7000 Kilometer, für 2013 6000 Kilometer und für 2012 5000 Kilometer. Meine Jahreskilometer lagen zuvor meist eher etwas unterhalb von 5000.


2. Fettstoffwechsel

Wenn ich mich als Sportler zielgerichtet auf einen Wettkampf vorbereiten möchte, muss ich mir natürlich vergegenwärtigen, WAS ich denn eigentlich überhaupt für die jeweilige Disziplin trainieren muss. Das heißt ich muss das Anforderungsprofil meines Zielwettkampfs kennen und berücksichtigen. Im Ultralauf ist die Frage nach diesem „Was“ recht eindeutig zu beantworten – wir müssen vor allem unseren Fettstoffwechsel trainieren!

Auch wenn dies kein hyperschlauer Fachartikel werden soll, muss ich jetzt doch mal ganz kurz in die Theoriekiste greifen, um das „Warum“ zu erläutern:

Um eine Ausdauerleistung zu vollbringen, brauchen wir logischerweise irgendeine Form von Energie – genau wie unser Auto sicherlich kaum einen Meter fahren wird, wenn wir keinen Tropfen Benzin im Tank haben. Als Energiequelle stehen uns im Wesentlichen zwei unterschiedliche Arten zur Verfügung, Kohlenhydrate und Fette. In der Regel wird unser Organismus während der Ausdauerbelastung mehr Kohlenhydrate als Fette verbrauchen. Für kürzere Wettkämpfe ist dies auch nicht wirklich relevant. Wir Ultras haben allerdings durch diesen Mechanismus ein gewaltiges Problem: Uns werden die Kohlenhydrate als Hauptenergiequelle nicht reichen! Klar können wir auch hinsichtlich unserer Energiequelle aus Kohlenhydratvorräten einiges im Vorfeld tun. So können wir die Speicherkapazitäten durch Training beeinflussen und diese Speicher in den drei Tagen vor dem Rennen mit einem guten Carboloading ordentlich befüllen – und klar führen wir auch während des Wettkampfs Kohlenhydrate zu. Dennoch sollten wir uns nicht nur auf diese Energiequelle verlassen, denn sonst sind wir nach einigen Kilometern in den Beinen schnell verlassen. Ein deutlich größeres Potenzial steckt für uns in den Fetten, denn diese Vorräte werden uns definitiv über das ganze Rennen reichen – egal, ob für 100 Kilometer, im Rahmen eines 24h-Laufs, oder gar beim Spartathlon. Der geneigte Leser wird sich jetzt sicherlich denken, „naja gut, dann zapfen wir halt die Fette an“. Ganz so einfach ist das aber leider auch nicht, denn u. a. auch durch die westlichen Lebensgewohnheiten funktioniert die Fettverstoffwechselung nicht so gut, wie uns dies lieb wäre. Kurzum, der Tatsache, dass wir bei Ultraläufen in heftige Krisen mit absoluter Kraftlosigkeit schlittern, liegt sehr häufig in einer energetischer Mangelsituation begründet.

Fettstoffwechseltraining als Basis des Ultramarathontrainings
Fettstoffwechseltraining als Basis des Ultramarathontrainings

Also müssen wir, um unser Potenzial im Ultramarathon auszuschöpfen, an der Verbesserung des Fettstoffwechsels ansetzen. Die große, und vor allem spannende, Frage ist jedoch, wie können wir dies schaffen?

Hierfür gibt es unterschiedliche Stellschrauben wie den langen Trainingslauf und die Ernährung. Okay, dass die lange Trainingseinheit für den Ultraläufer wichtig ist, wird jetzt sicher nicht so wirklich überraschen.


2.1.

Der lange Trainingslauf ist wahrscheinlich für die meisten Ultraläufer die Einheit, welche am meisten Spaß macht. Nichtsdestotrotz sollte auch diese sinnvoll geplant und gestaltet werden – zumindest dann, wenn man sein optimales Leistungsniveau ausschöpfen will. Im Wesentlichen sind also die Distanz und das Tempo vorab(!) festzulegen. Meiner Meinung nach sind selbst als 24h-Läufer Distanzen von mehr als 60 Kilometern (in Ausnahmefällen können es auch mal etwas mehr sein) nicht nötig und vor allem nicht zielführend. Ich höre häufig von langen Einheiten im Rahmen von Veranstaltungen im 100-km-Lauf in der direkten Vorbereitungsphase auf einen langen Ultra. Das Laufen im Rahmen einer solchen Veranstaltung mag sicherlich Spaß machen, als wirklich sinnvoll erachte ich dies jedoch nur in begrenztem Maße. Der Trainingsnutzen steht hier einfach in keinem Verhältnis zur danach benötigten Regenerationszeit! Selbst Distanzen von 60 Kilometern braucht man, mal abgesehen von der direkten Vorbereitung auf einen Ultra – also den letzten acht Wochen – eigentlich nicht wirklich laufen. Mindestens 35 Kilometer sollten es jedoch schon sein, um dem Trainingsziel des wirklich langen Laufs gerecht zu werden. Wie immer ist aber auch oder gerade in diesem Aspekt immer der Einzelfall zu berücksichtigen. Viele Läufer haben z. B. nicht die Möglichkeit, größere Wochenumfänge zu absolvieren, da das Zeitbudget für regelmäßiges Training nicht zur Verfügung steht. In solchen Fällen kann der Aufbau über einzelne Ultralauf-Events dann durchaus auch Sinn machen.

Oftmals herrscht auch so ein wenig die naive Vorstellung, als Ultra müsse man in Summe signifikant mehr trainieren, als dies sogar sehr erfolgreiche Marathonläufer tun. Klar, sollte die längste Einheit vor einem langen Ultra nicht gerade nur 35 Kilometer lang gewesen sein, aber per se ist dieser Gedanke definitiv falsch. Nur weil unsere Wettkampfdistanz furchtbar lang ist, heißt das noch lange nicht, dass wir die jeweiligen Trainingsreize schneller regeneriert bekommen. Eher im Gegenteil, ein sehr gut trainierter Marathoni, welcher beispielsweise unter 2:30 Stunden läuft, wird sich mit Sicherheit schneller von derselben Einheit erholen, als dies bei einem durchschnittlichen Ultraläufer der Fall sein wird.


Eine Variante im Kontext der langen Läufe stellen die sogenannten Doppeldecker dar, d. h. an zwei aufeinander folgenden Tagen wird jeweils eine lange Trainingseinheit absolviert. Das kann man sicher ab und an mal(!) machen, da es aus zeitmanagementlicher Sicht für unter der Woche Berufstätige sicherlich interessant ist. Im Großen und Ganzen stehe ich den „Doppeldeckern“ aber tendenziell eher etwas skeptisch gegenüber, wenn man nicht gerade einen Etappenlauf vorbereitet. Warum? Um dies zu verdeutlichen, muss man sich nur mal die Mechanismen des Trainings vergegenwärtigen. Man setzt einen Belastungsreiz – die eigentliche Anpassung und damit der Trainingseffekt erfolgt dann jedoch erst in der Regeneration nach dem Training. Wenn ich mich nach einem langen fordernden Lauf zwölf Stunden später am nächsten Morgen gleich wieder aufmache, um so einen „Langen“ abzureißen, verschenke ich wertvolle Zeit der Anpassung. Wir Ultraläufer tun gut daran, das Rad nicht komplett neu zu erfinden, und dementsprechend ist an solchen Trainingsprinzipien, wie „one day hard, one day easy“ schon auch was dran. Ich persönlich habe in der direkten Vorbereitung auf Ultraläufe oftmals zwei lange Einheiten pro Woche absolviert. Diese wurden jedoch in den allermeisten Fällen nicht an aufeinander fallenden Tagen durchgeführt. Eine gute Alternative zu einer klassischen Doppeldecker-Einheit ist es, am Vorabend eine intensivere Einheit vorzuschalten, um auf diese Weise eine Vorermüdung zu erzeugen. Insbesondere aus Sicht des Zeitmanagements bietet sich so eine Herangehensweise gut an, denn solch eine Vorermüdung mit zeitlich überschaubarem Aufwand bringt man auch mal freitags nach Feierabend unter, um dann samstags den langen Lauf durchzuziehen.


Langer Lauf nach Vorbelastung
Langer Lauf nach Vorbelastung

Stellt sich hinsichtlich der langen Einheiten also nur noch die Frage nach dem richtigen Tempo. Hier kann es schon auch sinnvoll sein, ein wenig Variation reinzubringen. Wie gerade eben erwähnt, absolviere ich in der Regel zwei lange Einheiten pro Woche in der direkten Vorbereitung auf einen langen Ultra. Die Pace ist aber bei diesen beiden Läufen zumeist komplett verschieden. So wurde eine Einheit oftmals etwas zügiger in 4:40 bis 5:00 Minuten pro Kilometer absolviert. Die zweite lange Einheit wird dafür jedoch planmäßig in einem deutlich langsameren Tempo gelaufen. So habe ich viele Läufe in einem deutlich langsameren Tempo absolviert als die Durchschnittsgeschwindigkeit in einem langen Ultralauf, was dann schon wirklich sehr langsam ist!!! Auch für den Fall, dass ich mich wiederhole: Man sollte sich immer wieder fragen, was man mit der jeweiligen Einheit bezwecken will. Und ja,... deutlich oberhalb von 100 Kilometern wird wohl auch der besttrainierte Läufer nicht mehr im Tempodauerlauf-Tempo unterwegs sein. Hier muss ich auch langsam laufen KÖNNEN! Es klingt grotesk, aber das „können“ ist hier wirklich wörtlich zu verstehen, denn wenn ich das im Training nicht trainiert habe, werden unangenehme muskuläre Probleme die logische Konsequenz sein. Die muskuläre Anpassung an das Anforderungsprofil des Zielwettkampfs ist also ebenfalls essenziell. Ich habe schon viele Läufer mit viel Potenzial gesehen, welche dieses nicht ansatzweise auf die langen Strecken umsetzen konnten. Sie sind mit dem verhältnismäßig langsamen Tempo einfach nicht zurechtgekommen. Auch das ist schade ...


2.2.

Wie schon angedeutet, gibt es noch weitere Tools in unserem imaginären Werkzeugkasten, um den Fettstoffwechsel zu verbessern. So möchte ich hier noch den Einfluss über die Ernährung kurz anreißen. Wenn man die hiesige Ernährung mit anderen Kulturen vergleicht, fällt auf, dass wir in unserer Wohlstandsgesellschaft schon seeehhr hochkalorisch unterwegs sind. Man muss kein Ernährungsexperte sein, um zu wissen, dass das ständige Hochschnellen des Insulinspiegels in astronomische Höhen nicht gerade förderlich für die Fettverstoffwechselung ist – warum soll der Körper auch auf die Fette zugreifen, wenn doch immer genug „Stoff“ in Form von Kohlenhydraten leicht verfügbar ist? Irgendwelche Radikaldiäten sollten sicher auch nicht das Ziel sein, halbwegs überlegt, insbesondere hochkalorische Kohlenhydratquellen zu sich zu nehmen ist aber sicher nicht so ganz verkehrt.

Darüber hinaus bin ich eigentlich auch ein Freund von Nüchternläufen. „Eigentlich“ deshalb, da dieses Konzept auch nicht ganz unumstritten ist. Zudem bin auch ich diesbezüglich auch schon zu weit gegangen in vergangenen Jahren. Dementsprechend setze ich diese Trainingsform bei meinen Athleten auch nur sehr sparsam ein, um auch meiner Verantwortung gerecht zu werden. Man sollte sich da also langsam rantasten und es hinsichtlich Häufigkeit und Umfang vor allem nicht übertreiben. Ich selbst habe gerade in den Jahren, in denen ich meine besten Ergebnisse erreicht habe, aber schon relativ viel mit Nüchternläufen, bzw. Läufe ohne Kohlenhydrataufnahme vor und während des Trainings agiert. Es ist natürlich immer schwierig, subjektive Erfahrungen generalisieren zu wollen, aber der Effekt auf den Fettstoffwechsel dieser Trainingsform hat sich bei mir schon sehr deutlich in den regelmäßig durchgeführten Leistungsdiagnostiken gezeigt. Die Analyse von Wettkampfresultaten und Trainingsdaten bestätigt dies für mich zusätzlich. Zu erwähnen ist fairnesshalber an der Stelle aber auch, dass es zu einfach wäre, diese Effekte nur auf die Ausweitung der Nüchternläufe per se zu schieben. Wenn man schon sehr lange und über viele Jahre trainiert, führt schon alleine die Tatsache, dass man überhaupt einen anderen Reiz setzt, manchmal zu deutlich besseren Trainingsanpassungen des Körpers.

Die Idee dieser Trainingsform besteht jedenfalls darin, den Organismus durch die leeren, bzw. nur halbvoll gefühlten Kohlenhydratspeicher dazu zu bringen, auf eine höhere Fettverbrennung umzuswitchen. Den dadurch entstehenden Nutzen habe ich eingangs dieses Artikels beschrieben.


3. Unterdistanzen verbessern = Potenzial verbessern

Wenn man mal so auf die Unterdistanzzeiten erfolgreicher Ultraläufer schaut, so fällt auf, dass selbst hinsichtlich ganz langer Ultradistanzen ein Zusammenhang zu den Marathon-Bestzeiten bestehen muss. Oft hört man in der Ultramarathonszene ja Aussagen nach dem Motto „die Marathonzeit hat gar nix zu sagen“. Prinzipiell ist dies auch gar nicht mal soooo falsch. Umgekehrt habe ich auch schon im Kontext von Ultra diese wunderbaren Tabellen gesehen, anhand der man ausgehend von der Marathonzeit ein Ultralaufergebnis bis weit oberhalb des 100-km-Laufs vorhersagen kann. Auch diese sind gar nicht mal sooo verkehrt, man müsste nur das Wort „Potenzial“ nochmal fett hervorheben. Warum hacke ich so auf dem Wörtchen „Potenzial“ herum? Ganz einfach, weil dies schon klar impliziert, dass eben die Verbesserung der Unterdistanzleistungen kein elementarer Bestandteil des spezifischen Trainings für lange Ultraläufe ist. Und wenn ich jetzt noch das Trainingsprinzip „vom Allgemeinen – zum Spezifischen“ in den Raum werfe, wird deutlich, dass dieses Training kein wesentlicher Bestandteil der direkten Vorbereitung auf einen 24-Lauf oder Läufe in ähnlicher Größenordnung sein sollte. In den letzten acht Wochen stehen ganz klar andere Elemente im Vordergrund, als die Verbesserung der Grundschnelligkeit.

Umgekehrt lässt uns aber die Verbesserung auf kürzeren Distanzen natürlich nach ganz anderen Sphären schielen. Es ist ja auch ein Stück weit naheliegend, dass man sicher keine 250 Kilometer über eine Zeitdauer von 24 Stunden laufen wird, wenn man ein nur unwesentlich schnelleres Tempo gerade mal über die Marathondistanz halten kann.

Die Tatsache, dass Tempoläufe und Intervalle eher in der wettkampffernen als in der direkten Vorbereitungsphase ihren Platz finden, ist sicherlich einer DER Spezifika des Ultramarathontrainings im Vergleich zu anderen Laufdisziplinen. Auch wenn die Verbesserung der Marathon-Bestzeit noch laaange nicht heißt, dass sich die Ultra-Ergebnisse verbessern, sollte man auch diese Stellschraube unbedingt nutzen.

Auch das Intensitätstraining gehört in ein langfristig ausgerichtetes  Ultramarathontraining
Auch das Intensitätstraining gehört in ein langfristig ausgerichtetes Ultramarathontraining

Hierzu auch wieder ein paar eigene Erfahrungen: Am Anfang des Artikels habe ich erwähnt, dass ich in meinem langfristigen Plan den Leistungspeak für die Jahre 2015 und 2016 verortet habe. Um die Ausgangslage nochmal zusätzlich zu optimieren, habe ich mir für die erste Jahreshälfte des Jahres 2014 die Verbesserung sämtlicher Unterdistanzzeiten auf die Fahne geschrieben. Dementsprechend habe ich in der ersten Jahreshälfte bis zum Spartathlon Ende September auf einen Wettkampf in meiner Paradedisziplin verzichtet und stattdessen mein Training über mehrere Monate komplett auf kürzere Strecken ausgerichtet. So konnte ich mich sowohl über 10 km, Halbmarathon und auch Marathon zum Teil deutlich verbessern. Das hätte sich mit Sicherheit bis zum 100-km-Lauf durchgezogen, da kam mir dann aber ein läuferischer PR-Auftritt kurz vor dem Rennen in die Quere, den ich nicht ausschlagen wollte, so dass hier die Verbesserung auf Grund der Vorermüdung dann nur gering ausfiel. Das war aber auch nicht schlimm, denn viel wichtiger als die faktischen Zeiten war die Tatsache, dass ich mir so mein Potenzial für die langen Ultras verbessert habe. Ein Jahr später wurde ich dafür belohnt, denn ich konnte das Potenzial nutzen und 2015 sollte sportlich das Jahr meines Lebens werden.

Es lohnt sich also, auch an den Intensitäten zu arbeiten, auch wenn das für uns Ultraläufer nicht gerade das Lieblings-Training darstellt.


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